WTF ist Growth Hacking?

 

1.Was ist Growth Hacking?

Methoden des Growth Hackings unterstützen Firmen dabei, mit kreativen Mitteln möglichst schnell möglichst viele Nutzer möglichst kosteneffizient zu gewinnen. Growth Hacking als Terminologie hat seinen Ursprung in einem Blog-Beitrag von Dropbox-Gründer Sean Ellis aus dem Jahr 2010. In diesem Blog-Post ging es darum wie man die richtige Person findet, um ein Startup zum Wachsen zu bringen. Seine Hauptaussage war: Viele Unternehmen engagieren eine Marketing-Person, die sich um einen strategischen Marketing-Plan kümmert, um PR etc. Kurz um alles, um eine Firma bekannt zu machen. Sein Punkt war aber, dass dieses Skills nicht unbedingt auf jede Firma zutreffen, da ein strtategischer Marketingplan viele Aspekt auslasse, wenn es um das Thema Wachstum — sprich Growth gehe.

“Growth Hacker is the new VP of Marketing” — Andrew Chen

2012 nahm Andrew Chen den Begriff erneut auf und erklärt die Rolle eines Growth Hackers als ein Hybrid zwischen einem Digital Marketer und einem Entwickler. “How do I get customers for my product?” steht dabei im Zentrum. Die Antwort darauf seit aber kein strategischer Marketingplan, sondern A/B Testings, Landing Page-Optimierungen (Usability, Content, Design), Viralität, Email-Drip-Kampagnen und die Nutzung von APIs.

“If a startup is pre-product/market fit, growth hackers can make sure virality is embedded at the core of a product. After product/market fit, they can help run up the score on what’s already working.” — Andrew Chen

 

Berühmte Growth-Hacking-Cases: Airbnb und Hotmail

Als Beispiel nennt Andrew Chen Airbnb, die, um ein schnelles Wachstum zu erzielen, eine Craigslist-API reverse-engineered haben, damit User, die auf Airbnb Anzeigen schalteten, die gleiche Anzeige auch auf Craigslist publizieren konnten. Zur Erinnerung: Craigslist war vor Airbnb die massgebende Plattform, wenn es um Wohnungs-Annoncen ging.

Der Clou dabei war: Craigslist hatte gar keine öffentliche Schnittstelle, die das gleichzeitige Posten erlaubt hätte (API), AirBnB “hackte” sie zusammen. Das Resultat war, dass die User zu Airbnb wechselten, da sie so zwei Anzeigen auf ein Mal schalten konnten. Dieser Growth Hack führte zu einem rasanten Wachstum.

Growth Hacking bedingt aber nicht automatisch den Einsatz von vielen Stunden Entwickler-Ressourcen. Das zeigt Hotmail, die mit einem einfachen “Hack” 1996 virales Marketing erfunden haben. Gegründet von zwei Entwicklern, die nicht wollten, dass die Chefs ihre Emails lesen, gründeten sie den browserbasierten Mail-Client Hotmail. Mit 300’000 Funding haben sie es zu Beginn mit Radio-Werbung und Plakaten probiert. Das Wachstum blieb aus.

Da hatte Investor Tim Draper, der später auch Skype und Baiduu zum Erfolg verhalf, eine zündende Idee: Er liess jeder E-Mail, welche mit Hotmail gesendet wurde, eine automatische Signatur hinzufügen: “PS: I Love You. Get Your Free Email at Hotmail”. (Wen es interessiert: Techrunch hat die Story ziemlich lustig zusammengefasst). Der positive Effekt dieser simplen Referral-Idee trat unmittelbar ein. Hotmail sammelte 12 Millionen User innerhalb von eineinhalb Jahren.

Weitere Beispiele berühmter Growth Hacks sind beispielsweise Dropbox oder PayPal, die ähnliche Marketing-Stunts zu Gunsten von schnellem Wachstum vollbrachten. Nachlesen kann man sie hier.

Muss ich nun auch Growth Hacking machen oder nicht?

Es geht nicht darum, ob man nun fünf Growth Hacker einstellen soll oder nicht. Es gibt drei wichtige Punkte zu beachten beim Thema Growth Hacking:

1. Es geht um die Vermischung von Technologie, Automatisierung und Tools, die mittels künstlicher Intelligenz optimiert werden und ihren Platz im Digitalen Marketing einnehmen. Diese Kombination erhöht die Produktivität von Marketing-Fachleuten.

2. Es geht um interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, die traditionell nicht so eng miteinander zusammengearbeitet haben — oder nicht so gerne: Marketing, IT, Design, User Experience und Produktmanager. Die Lösung hier heisst: Seid kreativ, arbeitet zusammen und tauscht Ideen aus, wie Wachstum im Unternehmen erzielt werden kann.

3. Es muss nicht jeder Digital Marketer programmieren lernen. Aber ein gutes technologisches Know-How und Verständnis hilft. Denn auch die Jobs im Marketing werden technischer und anspruchsvoller. Wöchentlich kommen zig Tools auf, die ein bestimmtes Verständnis von HTML, CSS, JavaScript oder Datenbanken verlangen.

Darum: Der Begriff Growth Hacking ist wohl etwas irreführend, da er das Thema zu stark in die IT-Ecke drängt. Alternativ könnte man von Growth Marketing sprechen oder Growth Management.

2.Wie man Produkte und Angebot zum Wachsen bringt

Wie auch immer man es nennen will, das Thema, das Growth Hacking anspricht — wie kann mit einem Produkt oder Service Wachstum erzielt werden — ist eminent wichtig und das aus folgenden Gründen:

1.Distribution und Produkt

Die meisten Produkte und Services konzentrieren sich zu stark aufs Kernprodukt. Dabei liegt die Herausforderung in der Distribution.

“Poor distribution, not product, is the number one cause of failure” — Peter Thiel

Die Anzahl neuer Produkte, die täglich releast werden, ist enorm. Websites wie Producthunt oder Betalist dokumentieren diesen Überfluss an Produkten. Es ist darum entscheidend, wie man heraussticht und wie man sein Produkt oder Service unter die User bringt.

Ein weiteres Indiz für die Übersättigung: Täglich werden 3500 neue Apps in den App-Stores releast.

*Quelle für iOS / Quelle für Google Play

 

2. Sättigung und Kosten

Traditionelle Marketing-Kanäle sind teuer, ineffizient und übersättigt. Studien gehen davon, dass pro Tag zwischen 500 und 5000 Werbebotschaften auf einen einprasseln — eher unbewusst wohl. (Quelle)

Hinzu kommen die durchschnittlichen Akquisitions-Kosten für Neukunden. Diese Kosten steigen jährlich an.

Die oben stehende Grafik zeigt die Ausgaben für Digital-Werbung pro Internet-User in den USA aus dem Jahr 2015 und ein Forecast bis zum Jahr 2018. (Quelle)

Die traditionellen Werbekanäle sind also nicht bloss übersättigt, sondern die Kosten für die Akquisition nehmen auch jährlich zu.

Wir sprechen dabei nicht bloss von traditionellen Werbekanälen wie Display Ads oder Offline-Massnahmen, auch bei Facebook geht der Reach zurück.

Die Algorithmus-Änderung von Facebook von Anfang 2018 hat diese Tendenz noch deutlich beschleunigt.

3. Kanäle und Technologien

Ein weiterer Grund für die Neubetrachtung von Marketing-Massnahmen ist die unglaubliche Dynamik im Bereich Kanäle und Technologien. Die folgende Grafik zeigt, wie schnell neue Technologien aufpoppen und eine Massenverbreitung erreichen und wie sich das in den vergangenen Jahrzehnten beschleunigt hat. Es ist also kaum mehr möglich da als Unternehmen Schritt zu halten, umso weniger wenn man noch im Silo-Denken verharrt.

Neue Technologien und Plattformen im Überfluss. Es ist schwierig da einen Überblick zu behalten und die Relevanz für das eigene Unternehmen einschätzen zu können.

Neue Technologien und Plattformen bedingen aber nicht bloss Ressourcen um deren Relevanz und Wichtigkeit für das eigene Unternehmen einschätzen zu können, es braucht auch neue Skills und Mitarbeiter, die sich schnell adaptieren und in neue Technologien einarbeiten können. Das trifft nicht bloss auf Web-Entwickler zu, sondern auch auf Marketing-Fachleute. Man spricht in diesem Bezug oft auch vom “T-Shaped”-Mitarbeiter. Ein Mitarbeiter sollte so sein wie der Buchstabe T. Er oder sie hat in einem spezifischen Bereich, zum Beispiel SEO ein vertieftes Fachwissen, bringt aber in vielen weiteren Disziplinen noch Grundwissen mit, zum Beispiel User Experience, Social Media, Advertising, Content Creation und Web Analytics.

4. Aktivierung und wiederholte Nutzung

Quelle

Diese Grafik zeigt die durchschnittliche Rückkehrrate für Android-Apps. Sie zeigt, wie gross die aktive Nutzerschaft nach x Tagen für eine spezifische App noch ist.

Auf der Basis dieser Zahlen sehen wir dass die durchschnittliche App 77% ihrer täglichen aktiven User 3 Tage nach dem Download verloren hat. Nach 30 Tagen hat die App 90% ihrer täglichen aktiven User verloren. In anderen Worten: 9 von 10 Apps haben nach drei Monaten ihre gesamte Nutzerschaft verloren.

Das zeigt zweierlei: App-Downloads ist eine Zahl, die null Relevanz hat, wenn es darum geht zu beurteilen, ob ein Produkt erfolgreich ist oder nicht. Zweitens: Das Hauptziel einer App muss sein, dem User von Beginn weg Anreize zu geben, zurückzukommen.

Die wichtigste Aussage aber: Awareness ist schön und gut und auch Akquisition mag den richtigen Weg weisen. Aber nachher wirds interessant. Und da setzen Growth-orientierte Mitarbeiter und Teams an, während traditionelle Marketing-Leute bei Awareness und Akquisition stehen bleiben.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Growth Hacking ist wichtig, weil es die

  1. Awareness fördert, dass es da draussen andere Arten von Marketing gibt.
  2. zeigt, dass Growth Hacking nicht Voodoo ist, sondern im Grunde die Mentalität von “einfach machen” und kreativ und interdisziplinär arbeiten vermitteln will.

Jetzt seid ihr dran:

  • Macht ihr auch Growth Hacking, Growth Marketing oder Growth Management?
  • Was sind eure Erfahrunge dabei?

Teilt eure Meinung in den Kommentaren.